1969 VW-Porsche 914/6
Als Besitzer eines 914/4 schaut man fast genau so neidisch auf ihn wie die Fahrer/innen gewöhnlicherer Autos. Man erkennt ihn sofort, wenn nicht gerade am charakteristischen Motorklang, so doch
immer an der Anzahl der Radschrauben. Fünf müssen es sein, meist mit den berühmten geschmiedeten Fuchs-Felgen. Es gibt ihn aber auch mit fast den gleichen schmalen Reifen wie beim 914/4, allerdings bis
210 km/h zugelassen.
Die 22 kW (30 PS) bringen gut 25 km/h zusätzlich bei der Höchstgeschwindigkeit. Der USA-Tacho (Bild oben) geht 'nur' bis 240 km/h, der deutsche bis 250 km/h. Viel aufregender ist der Drehzahlmesser, der
6400/min erlaubt, 800/min mehr als beim 914/4. Aber noch mehr muss es wohl die Art der Leistungsentfaltung sein. Obwohl es sich hier um den vorherigen Motor des 911 handelt, ist der mit 11 kW (15 PS) mehr
nicht schneller, eher umgekehrt.
Unten geht es langsam los mit den dicken Backen. Da der Platz für einen Porsche-Sechszylinder stets vorhanden ist, steht einer Leistungseskalation nichts im Wege. Das Fahrwerk ist im Prinzip über
jeden Zweifel erhaben. Hier wird sogar die reine Schule verwirklicht, denn es hat im Serienzustand keine Stabilisatoren. Das ergibt in der Regel höchstmögliche Kurvengeschwindigkeiten.
Allerdings ist das an zwei Bedingungen geknüpft. Die Reifen dürfen nicht zu viel Haftung erzeugen, sonst droht die Fuhre zu kippen. Da braucht man aber offensichtlich auch bei 185ern keine Sorge zu haben.
Elegant sieht das jedoch nicht aus, wenn sich ein ziemlich flacher Sportwagen so in die Kurve neigt. Man kann allerdings die Stabilsatoren hinzubestellen. Und die zweite Bedingung bei einem solch filigranen
und ausbalancierten Fahrwerk: Vorsicht bei widrigen Wetterverhältnissen. Oder anders gesagt: Wenn er sich (sehr spät) zu drehen beginnt, ist er schwerer wieder einzufangen.
Hinten sieht der Wagen noch ziemlich serienmäßig aus. Das wichtigste Teil ist unter der Klappe vor dem hinteren Gepäckraum verborgen, der Motor mit 154 kW (210 PS). Vorn kommt ein großer 100-Liter-Tank
hinzu, denn viel weniger durstig als im 911 ist das Triebwerk wohl nicht, allerdings ein besserer Futterverwerter als der 914/4-Motor. Unten dann noch ein GT mit festem Dach, Hauben, Stoßstangen und
Seitenschweller erleichtert.
Nein, ein Verkaufserfolg ist er nicht. Als endlich die Kinderkrankheiten behoben sind und Björn Waldegaard mit ihm im dritten Jahr bei der Rallye Monte Carlo den dritten Platz holt, ist sein Schicksal
schon besiegelt. Es gab wohl nicht genug Zeit, sich an das neuartige Talent zu gewöhnen.
Verkaufstechnisch ist der 914/6 eine kleine Katastrophe. Im Preis kommt er dem 911 zu nahe, im Image der Marke VW. So eine Situation gibt es später beim Boxster wieder: Der kleinere ist der modernere. Dann
aber löst man das Problem, indem man den 911 deutlich verteuert. Dabei hat man die Porsche-Klientel offenbar richtig eingeschätzt. 01/18
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