Die grausame Wahrheit zuerst, wer den neuen 911 Targa sofort will, muss ihn mit Allradantrieb kaufen, also 7000 bis 7500 Euro mehr für ihn ausgeben als für den sicherlich noch erscheinenden Zweiradgetriebenen.
Haben Sie diesen Schock erst einmal verarbeitet, werden Ihnen die ca. 12.000 Euro mehr für den Targa mit elektrisch wegklappbarem Dach nicht mehr so gewaltig erscheinen. Allerdings kann Sie dann der Minderpreis von ca. 1000 Euro gegenüber dem Cabrio auch nicht mehr trösten. Wie teuer Porsche-fahren wirklich sein kann, werden wir am Ende durch einen Blick in die Aufpreisliste erläutern.
Jetzt erfreuen wir uns erst einmal an der Konstruktion, von der wohl Passanten in der Regel mehr mitkriegen als Porsche-Fahrer/innen selbst. Das Konzept ist übrigens nicht ganz neu. Im Video unten sehen Sie an einer 92er Honda CRX das Verschwinden des Daches in einer Tasche unterhalb der hinteren Haube. Übrigens war hier sogar noch die Heckscheibe elektrisch zu öffnen.
Beim Porsche ist es allerdings nicht die hintere Haube, die nach oben fährt, sondern alles oberhalb dieser Haube bis zum Targa-Bügel. Es gehört also auch die Heckscheibe dazu. Immerhin wird auf diese Weise nicht der Motor freigelegt, auch nicht kurzzeitig. Der Targa-Bügel enthält die Mechanik, mit der das Dachteil in dem Raum über dem Motor verschwindet.
Wie 'primitiv' das früher gehandhabt wurde, sehen Sie an dem Bild unten. Trotz des limitierten Gepäckraums vorn kam für Porsche beispielsweise ein T-Roof nicht in Frage. Stattdessen musste die Bügel des Targadachs mit Kraft zusammengedrückt werden, bevor es im vorderen Gepäckraum Platz hatte.Übrigens hatten die ersten Targas sogar noch eine heraustrennbare Heckscheibe aus Kunststoff. Aber solche Exemplare sind äußerst selten geworden.
Auch bei dem Neuen verliert man Gepäckraum. Eigenartigerweise nicht nur hinten 45 Liter, sondern auch vorn 10 Liter. Über den leicht gestiegenen CW-Wert kommt man hinweg, zumal der Wagen nicht an Höhe zulegt, CO2 und Höchstgeschwindigkeit nicht leiden. Aber die 100 kg Mehrgewicht könnten wehtun, zumal das Cabrio hier wieder einmal etwas günstiger wegkommt.
Es ist ohnehin alles viel vornehmer geworden bei Porsche. Am besten, Sie gehen mit abgezähltem Geld bzw. Bankkonto zum Händler. Tun Sie das nicht und bringen Sie auch noch viel Zeit mit, dann kommen Sie dort zwar rundum glücklich, aber ziemlich gerupft wieder heraus. Beispiel gefällig: Wie wäre es mit Abstandsradar von 30 bis 210 km/h für 2.320 Euro? Oder die aktive Fahrwerksregelung mit Wankstabilisierung für schlappe 3.213 Euro?
Jetzt ist der Wille zum Sparen ohnehin schon erloschen. Und da wir schon so viel Geld für den Allrad ausgeben (müssen), wie wäre es mit der variablen Verteilung der Antriebsmomente für günstige 1.309 Euro, immerhin mit 'mechanischer Hinterachs-Quersperre mit asymmetrischer Sperrwirkung (22 % im Zug, 27 % im Schub)'. Später werden Sie bereuen, an dieser Stelle nicht zugeschlagen zu haben.
Nach einer Stunde Fachdiskussion und weiteren 1.594 Euro für das zu den oben schon gewählten Extras gut passende Sport-Chrono-Paket kommt man endlich zu den Farben, mit denen man eigentlich hätte beginnen sollen. Nein, nach einer besonderen Individualfarbe für 4.165 Euro steht Ihnen nicht der Sinn, zumal das mindestens 6 Monate Lieferzeit kostet. Wir 'sparen' und leisten uns lediglich eine Sonderfarbe für 2.653 Euro.
Wie, ein Super-Sportwagen von 2014 hat noch keine LED-Scheinwerfer serienmäßig? Das muss für 2.832 Euro unbedingt geändert werden, sonst ist das Auto schon veraltet, bevor es eingefahren ist. Übrigens, so sportlich, wie Sie hier die Extras ausgewählt haben, was halten Sie von der Abholung in Leipzig (1.059 Euro). Erfahrene Instruktoren begleiten Sie auf einer FIA-zertifizierten Rennstrecke, natürlich nicht mit Ihrem neuen Auto, sondern einem ähnlichen Typ.
Eigentlich waren wir aber bei der Farbe stehengeblieben. Damit hätten wir erst Schritt 1 der von Porsche vorgeschlagenen Chronologie erfüllt. Es folgen noch Raddesign, Interieurmaterialien und -farben und, besonders wichtig, die Individualisierung. Ob der Käufer wirklich realisiert, dass er jetzt schon die 140.000 Euro überschritten hat? Immerhin kostet ein 'einfacher' 911 90.700 Euro, ein Cayman für ähnlichen Fahrspaß 'nur' 51.385 Euro. Das Vergnügen des offenen Fahrens ist hier in Form des Boxsters noch einmal mehr als 2.000 Euro billiger. 01/14