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 Nicolaus August Otto 2


1876 Versuchs-/Teilemotor, 6,1 Liter, 2 kW (3 PS) bei 180/min


kfz-tech.de/PGe126

Da glaubt also jemand so sehr an seine neuste Erfindung, dass er seinen Beruf aufgibt. Dabei wird diese auf Jahre hinaus keine befriedigenden Ergebnisse liefern, ja im Prinzip nur noch im Gedächtnis des Erfinders selbst überdauern. Zum Glück hat er sich auf entscheidende Verbesserungen an einer bestehenden Maschine besonnen.

Aber so langsam geht ihm das Geld aus. Da ist Glück im Unglück gefragt in Form des Ingenieurs Eugen Langen, Sohn eines sehr erfolgreichen Zuckerfabrikanten. Langen hat auch schon mit eigenen Ideen Geld verdient und ist zumindest so begeistert von Ottos Neuschöpfung, dem atmosphärischen Gasmotor, dass in der linksrheinischen Servasgasse 1864 eine kleine Fabrik zu deren Herstellung entsteht.

Aus Sicht der Geschichte des neben dem Diesel vielleicht noch wichtigeren Motors macht es wenig Sinn, sich mit den drei Jahren Entwicklungszeit für die komplizierte Mechanik zu beschäftigen, bei der Langen mit Sicherheit eine große Hilfe ist. Auch die enormen finanziellen Aufwendungen z.T. durch Dritte sollen hier unerwähnt bleiben.

Dass der atmosphärische Gasmotor letztlich ein großer Erfolg zunächst bei der Weltausstellung 1867 wird, haben wir schon erwähnt. Durch die immer mehr zunehmenden Aufträge muss die Firma auf die andere Rheinseite ausweichen. Gottlieb Daimler wird als Leiter der Produktion und Wilhelm Maybach als verantwortlich für die weitere Verbesserung der Konstruktion eingestellt.

Aber beide haben wenig mit dem Schritt hin zum Viertaktmotor zu tun. Daimler hat eine eigene Lösung im Kopf und Maybach hält sogar diese für untauglich. Ob beide anfangs auch die Versuche zum Viertaktmotor ablehnen, ist nicht wirklich bekannt. Zu weit sind sie offenbar von den Versuchen entfernt, Daimler von Otto ohnehin, obwohl sie nebeneinander wohnen.

Aber der Atmosphärische Gasmotor hat im Hinblick auf 'Ottos neuen Motor' zwei wichtige Funktionen. Sein Erfolg hat die Firma groß gemacht und dessen Nachlassen erhöht den Druck auf eine neue Erfindung erheblich. Wenn man einen Kolben in die Höhe wirft und im Prinzip nur von seiner Rückkehr profitiert, dann ist die erwartbare Leistung mit ca. 3 PS endlich.

Sicher, man kann einen noch größeren Kolben mit Zylinder nehmen, braucht aber parallel dazu noch mehr Höhe, was bei schon vorhandenen 3,5 Metern schwierig wird. Nimmt man mehr als einen Kolben, werden die schon geschilderten mechanischen Geräusche vermutlich sehr störend. Der Motor scheint, so wie er ist, ausgereizt.

Aber er hat einen riesigen Vorteil und das macht auch die von Otto später kolportierte Entstehungsgeschichte mit dem kräuselnden Rauch unwichtig. Man orientiert sich bei allen Einstellungen an der Höhe des Kolbenanstiegs. Das ist so etwas wie eine Einstellung der Leistung. Kommt er nicht hoch genug, reicht sie nicht, knallt er oben gegen, hat man deren zu viel.

Von daher hat man, und besonders wohl Otto, unendlich viele Versuche mit einer Füllung gemacht, die in Menge und Mischungsverhältnis so angepasst werden kann, dass unnötiger Leistungsüberschuss, aber auch mangelnde Sicherheit bei der Zündung vermieden werden. Auch daran mag man erkennen, warum dieser Motor dem von Lenoir wirkungsgradmäßig überlegen ist.

Sicherlich ist bei der direkten Umsetzung des Verbrennungsdrucks in die Drehbewegung doch noch Einiges kaputtgegangen, aber letztlich läuft der Motor ab 1775. Es ist das Verdienst von Nicolaus Otto, einen Weg aus dem Dilemma zwischen der direkten Verbindung und der Beherrschbarkeit der Mechanik gefunden zu haben. Er hat dabei nicht unbedingt die Zustimmung Daimlers, der noch zum Zeitpunkt der Vorstellung des neuen Viertaktmotors Pläne zur Verbesserung des alten darbietet.

1876 läuft der atmosphärische Gasmotor nach 2.649 produzierten Exemplaren aus, 5.000 zusammen mit den in Lizenz hergestellten.

Obwohl der neue Motor anfangs gar nicht unbedingt mehr Leistung hat als der alte, ist doch die zukünftig mögliche, enorme Steigerung von Sparsamkeit und Leistung absehbar. So berücksichtigen die Konstruktionszeichnungen schon Leistungen bis 8 PS. Wer hätte damals gedacht, dass der Bestand z.B. 2020 auf über eine Milliarde Motoren geschätzt wird, die nach dem Viertaktprinzip arbeiten.


Bisher ist einer der Beteiligten in unserem Bericht zu kurz gekommen, Eugen Langen (Bild oben). Er scheint so etwas wie der kühle Kopf (Aufsichtsratsvorsitzender) des sich sehr rasch entwickelnden Unternehmens zu sein. Des Öfteren muss er zwischen den beiden unterschiedlichen Charakteren von Daimler und Otto schlichten. Letzterer fühlt sich in der Firma zu wenig anerkannt.

Wussten Sie, dass Langen als der Schöpfer der Wuppertaler Schwebebahn gilt?

Zusätzliche Investoren sind für die enormen Erweiterungen nötig. Das Erbe des Vaters nach dessen Tod 1869 ermöglicht Langen und seinen beiden Brüdern erhebliche Investitionen. U.a. sichert sich auch Gottlieb Daimler als Betriebsleiter bleibende Tantiemen, die später die Arbeiten an einer erheblich verkleinerten Form des Viertaktmotors zusammen mit Wilhelm Maybach erleichtern werden.

Otto ist zwar kaufmännischer Direktor, hält aber nur noch 10 Prozent der Aktien des Unternehmens, das nur durch seine Ideen überhaupt existiert. Auch Langen hält eine Aufwertung seiner Position für geboten. Er und seine Brüder gaben so viele Anteile zugunsten von Otto ab, dass der auf 21 Prozent kommt. Später wird Otto ihn nicht nur als Geschäftspartner, sondern auch als seinen besten Freund bezeichnen.


Hier eine Werbung aus späterer Zeit. Langen hatte Otto versprochen, dessen Namen mit dem Viertaktmotor öffentlich genügend in Verbindung zu bringen. Der Slogan 'Otto's neuer Motor' stammt folgerichtig wohl von ihm. Unterstützung hat Otto allerdings auch deshalb dringend nötig, weil eine Welle von Patentanfechtungen über ihn hereinbricht.

Das ist wohl immer der Fall und lässt erkennen, wie hoch man den Wert der Erfindung einschätzt. Da bringen z.T. Anwälte vorhergehende Erfindungen oder auch nur Veröffentlichungen vor, obwohl deren Autor gar keine Ansprüche anmelden wille. Zusätzlich müssen Firmen abgemahnt werden, die den Viertaktmotor mit leichten Änderungen bauen, obwohl die Gasmotorenfabrik Deutz in Deutschland keine Patente vergibt.

Seit Anfang 1884 sind die Patente auf den Viertaktmotor aufgehoben. Interessant, dass Daimlers eins auf dessen Gasmotor Ende 1883 erteilt wird. Immerhin gibt es da Deutschland schon. Und das Patent für das Benz'sche Dreirad mit Viertaktmotor datiert von Anfang 1886. So wie Nicolaus Otto hat später auch Rudolf Diesel unter den Patentstreitigkeiten schwer gelitten.

Allerdings sind Otto auch unglaubliche Ehrungen widerfahren. Da ist die Weltausstellung in Paris 1878, wo sein Motor alle weltweit existierenden Verbrennungsmotoren überragt. Und die Ehrendoktorwürde der Universität Würzburg 1882, die er zunächst dankend ablehnt, weil er meint, es gäbe Würdigere als ihn, da er nur die Realschule besucht habe. Schließlich wird die Bezeichnung 'Ottomotor' vom Verein Deutscher Ingenieure 1946 in die Deutsche Industrienorm übernommen.

Und dann ist ihm noch so ein Clou gelungen. Weil er immer schon seinen Motor ortsunabhängiger machen und auf flüssigen Treibstoff umstellen will, braucht er eine elektrische Zündung. Man schreibt ihm die Erfindung der Abreißzündung zu, obwohl andere die deutschen Patente halten. Auch Vorarbeiten zur Hochspannungs-Magnetzündung sollen in der Gasmotorenfabrik Deutz stattgefunden haben.

Bei der Gelegenheit wird Kontakt zu Siemens aufgenommen und auch mit Bosch ist man offenbar verbunden. Ein später sehr Berühmter hat von 1907 an für gut zwei Jahre ein Gastspiel gegeben, Ettore Bugatti. Der ist engagiert worden, um mit dem Viertaktmotor eine Automobilproduktion aufzubauen. Allein, seine Ansätze sind den Oberen in Deutz zu teuer.

Ja, man hat gut verdient mit der Produktion von Viertaktmotoren, bis zu sagenhaften 95 Prozent Dividenden gezahlt. Schon nach fünf Jahren hat sich die Leistung z.B. als Zweizylinder mehr als verzehnfacht. Jetzt wird der Motor langsam auch für größere Anwendungen interessant, z.B. die Erzeugung von Strom. Noch heute hängt das Bild vom 1880 bei der Einweihung von einem Viertaktmotor erleuchteten Kölner Dom im Deutzer Museum.

Bleibt nur noch über Trennungen zu berichten. Mit Daimler geht es irgendwann nicht mehr weiter: Vertragsauflösung Mitte 1882, gute Abfindung, aber auch ein zeitlich begrenztes Tätigkeitsverbot in dem bisher bearbeiteten Bereich. Von Maybach heißt es, er wäre vielleicht geblieben, hätte man ihn gefragt. Wir wissen heute, dass Daimler sich nicht unbedingt an die Bedingungen gehalten hat.

Nicolaus August Otto stirbt 1891 und überlebt damit sogar noch knapp Gottlieb Daimler, Eugen Langen vier Jahre später. Offenbar für beide steht in Deutz ein Denkmal mit dem Viertaktmotor auf einem Sockel vor dem Bahnhof. Auch trägt das örtliche Berufskolleg nur für Kfz'ler seinen Namen. Der Motor aber verdient mit seinen diversen Entwicklungen ein eigenes Kapitel. Und Ottos Sohn Gustav kommt im Kapitel über BMW vor.

Nicolaus August Otto . . .









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