Die Autos verschiedener Firmen vor 1930 unterscheiden sich noch nicht sehr. Man arbeitet mehr an der Technik unter dem Blech. Neben dem Vierzylinder erscheint auch im unteren Preissegment der USA der Sechszylinder. Ford setzt mit dem V8 in großer Serie sogar noch einen drauf. Als die wichtigsten mechanischen Probleme einigermaßen gelöst sind und sich auch der geschlossene Wagen durchgesetzt hat, erhält das Styling eine ganz entscheidende Bedeutung. Inzwischen sind auch die Motoren so stark, dass höhere Geschwindigkeiten möglich sind. Folglich werden die Autos niedriger, breiter und haben auf den sich verbessernden Straßen weniger Bodenfreiheit nötig. Ein niedriger Schwerpunkt scheint ab jetzt das Gebot zu sein. GM-Strategen führen als ihr erstes Produkt den Cadillac La Salle von 1926/27 an. Mit ihm versucht man, die Lücke zwischen Buick und Cadillac durch einen gesenkten Preis zu schließen. Aber er ist auch das Ergebnis der Arbeit von Harvey Earl, der als erster Designer zu GM kommt, noch unvollkommen, aber schon breiter und niedriger als seine Konkurrenten. Mit dem Erfolg dieses Wagens entsteht 1927 die erste Spezialabteilung in einem Autowerk, die sich mit Farb- und damit Stylingfragen befasst. Zunächst wird sie innerhalb der GM-Organisation nicht recht ernst genommen, produziert sogar mit dem 29er Buick einen Flop. Deutlich wird jedoch, wie entscheidend das Styling für den Verkaufserfolg eines Fahrzeugs ist. Nein, der Kunde macht nicht automatisch jede Mode mit und erfolgreiche Autofirmen hüten sich, zu viele Neuerungen auf einmal in das Auto einzubauen. In Amerika wird es ab jetzt zum festen Ritual, jedes Jahr ein, wenn auch nur leicht verändertes, Modell anzubieten. Dazu gehört auch der enorme Preisverfall nach dem ersten und nicht viel geringer nach den Folgejahren. Jährlich treten die Firmen gegeneinander an und spielen die Meisterschaft untereinander aus, bei GM oft auch gegen Konkurrenz im eigenen Haus. Doch davon später mehr. Wohlgemerkt, wir reden noch nicht von den Pontonkarosserien, die erst gegen Ende der Dreißiger kommen. Noch gibt es Holz und Leder im Karosserieaufbau. Erst langsam schaffen es z.B. die Blechpressen Dächer in einem Stück herzustellen. Während allerdings das Styling in dieser Zeit wirklich das Auto in einen besser nutz- und fahrbaren Gegenstand verwandelt, hat man nach dem Krieg eher den Eindruck, unnütze Attitüden würden dem immer wieder gleichen Grundentwurf hinzugefügt, zumindest in Amerika. Vom Styling ist der Weg nicht weit zum Verkauf und damit zum Handel. Von dem Vertrieb über Großhändler auf an diese vertraglich gebundene Einzelhändler stellt GM um auf den Direktvertrieb an sogenannte privilegierte Einzelhändler. Im Verlauf der Geschichte scheint sich das Verhältnis von GM zu seinen Händlern als beispielhaft zu entwickeln. Diese werden seit 1934 durch den Händlerrat (General Motors Dealer Council) direkt gegenüber der Konzernspitze vertreten. Jahre zuvor werden den Händlern durch eine Standardbuchhaltung und eine Möglichkeit zur Rettung vor Konkursen wichtige Hilfen geboten. Als wichtige Beispiele für den Umgang mit Händlern seien hier die Übernahme von Kosten bei nicht verkauften Vorjahresmodellen und Wechsel des Händlervertrages erwähnt. Die Mitte der dreißiger Jahre ist auch geprägt von der Gründung der Gewerkschaft der Automobilarbeiter (United Auto Workers) und dem berühmten Sitzstreik im ehemaligen Fisher-Werk in Flint Anfang 1937. Es wird von den Arbeitern ausgewählt, weil es Karosserieteile herstellt, die bei Buick, Pontiac und Oldsmobile dringend gebraucht werden. Es ist zunächst ein normaler Streik. Als aber bekannt wird, dass GM die Produktionseinrichtungen auslagern will, wird das Werk von den Mitgliedern der UAW besetzt. Diese hat ihre Mitglieder verdeckt rekrutiert und deren Namen größtenteils geheim gehalten. Ein Richter bestätigt die Unrechtmäßigkeit des Streiks. Nachdem aber bekannt wird, dass dieser über 200.000 Dollar an GM-Aktien besitzt, ist es um seinen Respekt geschehen. Die Streikenden werden von außen dauerhaft unterstützt und auch der Polizei gelingt es nicht, die Streikenden aus der Fabrik herauszuholen. Einen Monat dauert das Tauziehen, sogar die Regierung schaltet sich ein und rät dem GM-Vorstand zum Nachgeben. Letztlich erkennt dieser die neue Gewerkschaft an. Hier endet der Streit friedlich, während es beim Kampf mit dem härter agierenden Ford-Konzern am Ende sogar einen Toten gibt. Auf der technischen Seite des Automobilbaus hat sich einiges getan. Die Motoren sind stärker, die Karossen erkennbarer, die Fahrwerke deutlich besser und die Reifen pannensicherer geworden, was aber auch am verbesserten Straßennetz liegen kann. Niederdruckreifen (so wie heute) und auch schon Einzelradaufhängungen für die Vorderachse werden Stand der Technik. Enorm ist der Vorteil der Opel-Werke in Deutschland. Sie profitieren von den amerikanischen Erfindungen z.B. im Bau leichter Lkw (Opel Blitz), der selbsttragenden Karosserie aus Ganzmetall (Opel Olympia) und den gegenüber der deutschen Konkurrenz viel rentableren Fertigungsmethoden. Umgekehrt hat es GM als ausländischer Besitzer einer ehemals deutschen Firma immer schwerer. Von den Nationalsozialisten wird u.a. GM verboten, Gewinne ins Ausland zu transferieren. Auto Union und Mercedes werden massiv unterstützt und der deutsche Volkswagen dient vom Ansatz her ebenfalls dem Versuch, mit staatlichen Mitteln dem preisgünstigsten, aber nicht subventionierten Wagen auf dem deutschen Markt, dem Opel P4 Konkurrenz zu machen. Als der P4 von einem unbedarften Mitarbeiter auf der Automobilausstellung gegenüber Hitler als ‚Volkswagen' vorgestellt wird, dreht sich dieser um und verlässt wortlos den Stand. Später wird sich erweisen, dass Opel (mit amerikanischer Hilfe) sehr wohl gegen Hitlers Lieblingsmarke Mercedes bestehen kann. Im Krieg wird man den Opel Blitz dem entsprechenden Mercedes-Lkw vorziehen. Wenn wir schon bei den ausländischen Unternehmungen von GM sind, ist noch das Montagewerk in Australien zu erwähnen, das 1931 mit der Fa. Holdens verbunden wird. Hier werden lange Zeit nur Teile produziert, das erste Auto erst 1948. Das Ende des hier beschriebenen Zeitabschnitts bildet der Zweite Weltkrieg, in den die USA allerdings erst 1941 eintreten. Erst mit diesem Datum erhält die militärische Produktion ein Übergewicht gegenüber der zivilen. Nach Wikipedia liefert alleine GM ein Zehntel aller benötigten Rüstungsgüter. Ungewöhnlich ist die Aussage des Präsidenten Sloan, die Firma habe daran nicht wesentlich verdient, sondern die Gewinne auf die Hälfte des sonst üblichen festgesetzt und nach unten korrigiert, wenn es der Aufwand für Rohstoffe und Löhne zuließ. Das klingt bei den sonstigen Kriegszulieferern anders. 11/09