Das Jahr 1908 hat besondere Bedeutung für die Automobilproduktion in USA. Am 16. September wird die General Motors Company gegründet. Initiator ist William Durant (1861-1947), seit 1904 Direktor von Buick, der sein Werk als wichtigsten Teil in diese Holding einbringt. Noch im gleichen Jahr folgt Olds (später Oldsmobile). 1908 erscheint auch das Ford Modell T auf der Weltbühne. Es ist nicht die erste Verbindung zu GM. So werden 1909 weitere Firmen der GM-Holding hinzugefügt: Oakland (später Pontiac) und Cadillac, eine Firma, die 1901 noch Henry Ford Company heißt, bis dieser 1902 aus ihr abgefunden wird und seinen Namen mitnimmt. Die Rivalität mit Ford wird die neu gegründete Firma bis in die Jetztzeit begleiten. Mit dem T-Modell behält Ford bis 1927 den ersten Platz in der globalen Herstellung von Automobilen, um sie dann allerdings zunächst kurzzeitig und einige Zeit später für immer abzugeben. Doch auch General Motors bewahrt die Krone nicht für unbegrenzte Zeit, muss sie 2008 an Toyota abgeben. Und noch eine Verbindung zwischen beiden Konzernen. 1909 hätte Durant für 8 Mio. Dollar beinahe Ford gekauft, doch den Banken war dieser Preis zu hoch ... William Durant ist wohl anders gestrickt als Henry Ford, eine Art Universalist. So versuchen z.B. beide, auch die Zulieferungen zu ihrer Automobilproduktion in den Griff zu kriegen. Ford macht einschließlich der Stahlherstellung alles selbst, während Durant Zulieferer aufkauft, manchmal für mehr Geld, als seine Stammfirmen gekostet haben. Auch sieht er die Herstellung von völlig unterschiedlichen Fahrzeugen für diverse Märkte und Kundenschichten voraus, während Ford auf ein Auto für alle setzt und dieses am Markt durch immer mehr Rationalisierung mit unglaublichen Preisminderungen durchdrückt. Der Erfolg gibt Ford zunächst für viele Jahre recht, was die Situation für GM nicht gerade einfacher macht. 1910 kommt es zum ersten Showdown. Durant hat 25 Firmen zusammen, davon gut die Hälfte Zulieferer. Nach den Gesetzen des Marktes hätte er sich auf die Stammmarke Buick und allenfalls noch Cadillac konzentrieren sollen, statt durch Überproduktion die eigene Konkurrenz zu forcieren. Übrigens ein Problem, das GM ebenfalls erhalten bleiben wird. Durant muss zum ersten Mal gehen. Zu seiner Ehrenrettung sei allerdings gesagt, auch die erste Sättigung des amerikanischen Automarktes hat zu diesen Schwierigkeiten wesentlich beigetragen. Konsolidierung unter Charles W. Nash ist nun angesagt. Unrentable Firmen werden liquidiert, Vermögenswerte verkauft. Immerhin kommt dadurch eine Menge Geld in die Kasse, ein Indiz dafür, dass die hinzugekauften Firmen nicht nur von der Produktpalette her ihr Geld wert waren. Auf der Flucht vor Fords Erfolgen kurbelt GM den Export an, kann aber ab 1915 nur wegen seiner stabilen Finanzausstattung überleben. 1915, sieben Jahre nach der Gründung, wird sogar erstmals Dividende ausgeschüttet, die höchste bisher an der New Yorker Börse gezahlte. 1917 kommt Chevrolet zum Konzern hinzu, eine Firma, die durch Luis Chevrolet unter inzwischen entscheidender Hilfe von Durant mit Kleinwagen groß geworden ist. 1920 bezieht der Konzern ein neues Hauptquartier, vier Gebäude für die damals gigantische Summe von 20 Mio. Dollar. Das vordere und hintere sendet jeweils in riesigen Buchstaben den Firmennamen weithin über die flache Landschaft. Das Geld für diese Transaktionen kommt durch den Einstieg der du Pont Company, die durch chemische Fabriken und besonders die Entwicklung von Dynamit reich geworden ist und nach dem Auslaufen von Militäraufträgen andere Anlagemöglichkeiten sucht. 1916 wird Durant mit Hilfe des neuen Aufsichtsratsvorsitzenden Pierre S. du Pont wieder Präsident und mit der beträchtlichen Erhöhung des Kapitals der Gesellschaft diese auch in General Motors Corporation umbenannt. Die diversen Automarken sind nun echte Töchter, ohne allerdings entscheidend unter Kontrolle zu sein. Insgesamt ist GM in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg zwischen 1918 und 1920 besonders mit der Marke Chevrolet erfolgreich, obwohl diese eigentlich dem T-Modell in Preis und Qualität unterlegen ist. Insbesondere aber die fehlende Führung durch die oberste Etage wird für den Konzern spätestens ab 1920 gefährlich. Interessant, dass in jener Zeit durch den Weggang von Walter P. Chrysler ein zweiter, zwar kleinerer, aber doch ernstzunehmender Konkurrent entsteht. Ähnliches passiert durch den 1916 zurückgetretenen Präsidenten Nash. Insgesamt steuert nicht nur GM im Jahre 1920 auf eine ähnliche Krise wie 2008 zu. Auch diese betrifft die Automobilindustrie insgesamt, kann aber z.B. von Ford durch erneute Senkung der Preise um über 20 Prozent besser aufgefangen werden. Im Herbst stehen viele Bänder still und die Aktienkurse gehen auf Talfahrt. Eigenartigerweise kommen auch hier wie 2008 jede Menge faule Papiere vor, allerdings diesmal die von William Durant, der sein Imperium in den seltensten Fällen durch Bargeld, eher durch Aktientausch und leider häufig durch Beleihen nicht ausreichend geprüfter Werte errichtet hat. Auch wirft man Durant Spekulationen mit Aktien in großem Stil vor. Als logische Konsequenz muss Durant abermals als Präsident abtreten und wird durch den Aufsichtsratsvorsitzenden Pierre S. du Pont ersetzt. Der besitzt, auch durch Zukauf der Durant-Aktien, den weitaus größten Anteil von GM, würde also im Falle des Scheiterns mehr als alle anderen verlieren. Für den Neubeginn vielleicht noch wichtiger ist ein Organisationsplan, der die dezentrale Führung bei GM zwar beibehält, aber klare Strukturen und Prinzipien einführt, u.a. die Rentabilitätsberechnung der einzelnen Tochterfirmen. Teile der Pläne sollen sogar richtungweisend für andere Industrieunternehmen in USA gewesen sein. Die neue Organisation schärft auch den Blick auf die Schwächen des Unternehmens. So fehlen die klaren Unterscheidungsmerkmale für die einzelnen Marken. Nur der Buick gilt traditionell als Mittelklasse-Qualitätsprodukt und der Cadillac als Oberklassemodell. Aber auch Chevrolet fährt Verlust ein, mit dem knapp vor Buick höchsten Absatz. Insgesamt ist die Situation für General Motors sehr unbefriedigend, wie man an dem Gesamtmarktanteil aller Marken von 12 Prozent am amerikanischen ersehen kann. Ford bietet neben dem T-Modell nur noch die gegen Cadillac schwächelnde Marke Lincoln an und kommt trotzdem auf 60 Prozent. 11/09