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Camillo Castiglioni 2



1917 ist ein wichtiges Jahr für BMW, denn aus den Rapp-Motorenwerken entstehen die Bayrischen Motorenwerke. Castiglioni hat inzwischen auch als Flugzeugbauer Karriere gemacht, hat die inzwischen als Phönix-Flugwerke bekannte Firma gegründet, nach und nach die Rapp-Werke übernommen, besitzt inzwischen 49 Prozent der Motor-Luftfahrzeug-Gesellschaft und treibt Lohner und seine 51 Prozent u.a. durch einen Streit mit gerichtlichen Forderungen und Gegenforderungen bis 1918 aus der Produktion von Flugzeugen heraus.

In Deutschland hat die Flugwerke Hansa in Brandenburg aufgekauft und damit auch den genialen Konstrukteur Ernst Heinkel. Durch seine Freundschaft zu dem sehr erfolgreichen Industriellen Hugo Stinnes hat er auch in Deutschland einen Fuß in der Tür. Er würde BMW gerne weiter mit der Stinnes-Gruppe verzahnen, aber es gibt ein Problem.

Es ist Max Wiedmann, seines Zeichens kaufmännischer Direktor, der 1915 mit dem Geld seines Schwiegervaters bei Rapp eingestiegen ist und damit nun noch Anteilseigner ist. Ihm wird nachgesagt, mit seiner Stellung in der jetzt immerhin schon BMW genannten Firma ein aufwendiges Leben zu führen. Dabei soll er auch Vorschüsse in nicht unbeträchlicher Höhe teilweise verfrühstückt haben, die der Firma bitter fehlten.

Inzwischen hatte ja ein Höhenflug der Firma eingesetzt, der nicht nur den neuen Motor betraf, auch eine neue Fabrik mit entsprechenden Produktionsanlagen war entstanden. Das Militär bangt um seine verlorenen Vorschüsse, aber schließlich gelingt es Mitte 1918, die Firma in eine Aktiengesellschaft umzuwandeln und Wiedmann auszuzahlen. Camillo Castiglioni zeichnet nun für 4 von 12 Mio. Aktienkapital.

Und die Luftfahrtindustrie: Während des Krieges ist das ein für dieses Buch nicht zu vernachlässigendes Thema, denn gegen Kriegsende wird sich zeigen, auf welche Pferde Castiglioni setzt und auf welche nicht. In einer Zeit, da vom Militär lange verschlafene Entwicklungen nachgeholt werden müssen, rollt der Rubel für genügend vorausschauende Unternehmer.

Geschickt und eigentlich auch skrupellos, wie Castiglioni in die Rolle des großen Flugzeuglieferanten für die österreich-ungarische Armee während des Ersten Weltkriegs hineinschlüpft. Voraussetzung sind beste Beziehungen zur militärischen Führung, nachgewiesenermaßen z.B. zum Kriegsminister.

Sie werden vielleicht schon einmal von den Lohner-Werken gehört haben. Das ist die Firma, in der Ferdinand Porsche seine superteuren Ideen bezüglich Elekro- und Hybridantrieb realisieren durfte. Sie baut auch Flugzeuge und zwar mit Austro-Daimler Motoren. Und raten Sie einmal, wer die konstruiert hat. Richtig: Ferdinand Porsche. Und der Eigentümer dieser Motor-Luftfahrt GmbH ist Castiglioni.

Von 1912 an wird er sich zunächst an der Flugzeugfirma Lohners beteiligen und auf irgendeine listige und vielleicht auch keineswegs lupenreine Art der Alleinherrschaft über diese Firma bemächtigen. Dazu gehören die gezielte Lenkung von Aufträgen und Angestellten und das Aushebeln von Rechten der Teilhaber.

Ein interessantes Licht wirft die Anwerbung des berühmten Ernst Heinkel. Den will Castiglioni für sein irgendwann ansehnlich gewachsenen Flugzeug-Imperium anwerben, scheitert aber, weil dieser sich den Brandenburgischen Flugzeugwerken verpflichtet fühlt. Daraufhin kauft Castiglioni diese komplett und den Professor Heinkel gleich mit.

Castiglioni hat vielleicht schon viel früher als z.B. die BMW-Crew begriffen, dass der Krieg verloren geht und mit ihm die Erlaubnis, weiterhin Flugzeuge zu bauen. Wohl dem, der zwar im Krieg enorm verdient hat, sich aber noch vor Kriegsende seiner Werke entledigt. Im Falle Österreich-Ungarn kommt noch durch die Trennung der beiden Teilstaaten für beide der tiefe Fall in die Bedeutungslosigkeit hinzu. Auch aus BMW ist Castiglioni ausgestiegen.

Jetzt schreiben wir aber das Jahr 1922. In einer fortschreitenden, später sogar rasenden Inflation ist es gut, das Kapital wieder zu investieren. Und wenn nicht mehr in die Luftfahrt möglich, dann in den Kfz- Bereich. Überhaupt hat sich das Tätigkeitsfeld Castiglionis einerseits nach Italien, aber vielleicht noch viel stärker nach Deutschland verlagert, begünstigt wohl auch durch seine Freundschaft zu Hugo Stinnes, als Montan-Industrieller von herausragender Bedeutung für die Weimarer Republik.

Kurz und gut, es sprechen eine Menge Argumente für die Gründung des Fahrzeugbaus bei BMW. Die Firma ist inzwischen unter die Fittiche der Knorr-Bremse für Eisenbahnen gezwungen. Zusammen mit dem eigentlich immer noch BMW-Chef Franz Josef Popp kauft Castiglioni den Firmennamen und alles an Maschinen und Materialien heraus, was zur Herstellung von Druckluftbremsen nicht gebraucht wird. Weiterhin sind beide an der Übernahme einiger Fachkräfte interessiert.

Wie immer pokert Castigioni hoch, bietet auf das für Knorr nicht sehr wertvolle Sammelsurium eine genügend hohe Summe. Entscheidend in der fortschreitenden Inflation wird wohl die Anzahlung gewesen sein. Es gibt bei anderen Käufen von Castiglioni geradezu irrwitzige Beispiele, wie sich der Wert von Abzahlungsraten für Firmenanteile in kürzester Zeit verringert hat.







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