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Camillo Castiglioni 1



Bevor wir in der Geschichte von BMW fortfahren, noch ein Blick zurück zu den Anfängen. In der Tat ist bei den Bayrischen Motorenwerken von Motorrädern oder gar Automobilen bis 1922/23 bzw. 1928 höchstens in Kamingesprächen oder beim Bau von Prototypen die Rede. In den ersten Jahren und noch lange Zeit darüber hinaus beschäftigt man sich mit Fluggerät, eher, wie der Name schon sagt, dessen Motoren.

Der wohl wichtigste Entwicklungsstrang - es gibt deren mindestens zwei - ist eine kleine Firma für Flugzeugmotoren aus dem Jahr 1912. Ein gewisser Karl Rapp, vormals Ingenieur bei Daimler (noch lange nicht Daimler-Benz) übernimmt sie und will mit eigenen Konstruktionen an den Ausschreibungen für das Militär teilnehmen. Eigentlich könnte die Geschichte schon hier zu Ende sein, denn er ist wenig erfolgreich.

Aber die Wettbewerbe wie z.B. der Kaiserpreis sind es auch. Da werden Maschinen ausgezeichnet, die zwar gute Prüfstandswerte liefern, aber in der Betriebsdauer arg schwächeln. Rapps Motoren schwächeln schon auf dem Prüfstand, fallen z.B. durch Vibrationen auf. Wie gesagt, die Geschichte fände hier ein Ende, würde da nicht ein gewisser Max Wiedmann zum Teilhaber und Beschaffer von Aufträgen, die von der Rapp'schen Werkstatt später auch mit mehr als 300 Mitarbeitern niemals zur vollständigen Zufriedenheit der Auftraggeber ausgeführt werden.

Sie merken schon, Rapp wird zwar immer wieder im Zusammenhang mit dem einen Strang der Gründung von BMW genannt, aber eigentlich hat er nur die Rolle eines Strohmannes, eine Art Platzhalter, bis die richtig großen Fische kommen. Der dickste, ohne den es BMW nun wirklich nicht gäbe, ist Camillo Castiglioni, der in einem kurzen Nebensatz allerdings nicht zu beschreiben ist.

Er sieht nicht gerade wie aus ein Gewinner, schöpft eher aus Understatement. So schillernd, wie sein Wesen, ist sein Auftauchen. Er verlegt trotz italienischer Herkunft sein Tätigkeitsfeld erfolgreich nach Wien, in die Hauptstadt Österreich-Ungarns. Castiglioni hat schon früh wesentlich mehr mit Autos zu tun als die BMW in ihren Anfängen. Bevor er überhaupt in die Flugzeugindustrie einsteigen kann, ist er bereits erfolgreich im Automobilbereich tätig.

Begonnen hat es trotz nur gediegener kaufmännischer Mittelschulbildung mit einem unaufhaltsamen Aufstieg in der Gummiindustrie, die er verlässt, obwohl er schon mit 25 Jahren schon kaufmännischer Diirektor ist. Von der Gummiproduktion zu den Autoreifen, auch noch weiter zu Luftschiffen mit luftundurchdringlicher Hülle ist es nicht weit. Wir wollen den Weg auch nicht allzu genau verfolgen, sonst geht der Faden zu BMW vollends verloren.

Irgendwo bei seinem Aufstieg muss Castigioni tiefe Einblicke in das Funktionieren von Wertpapiergeschäften erlangt haben. Vielleicht könnte man ihn durchaus mit einem modernen Börsenmakler bzw. Kopf eines Hedgefonds vergleichen, nicht nur für eine Bank agierend, sondern auch auf eigene Rechnung. So hat er es auch an die Spitze der, dann allerdings eigenen, Depositenbank geschafft.

Kommen wir zurück zur Automobilindustrie. Vielfach werden in deren Geschichte Schicksale durch Banken entschieden. Man denke nur an die viel spätere Zusammenführung von Daimler und Benz oder die Gründung der Auto Union. Im Falle Castiglioni ist es nach mehreren Zwischenschritten seine Vormachtstellung bei Austro-Daimler, die z.B. dem dort als Chefentwickler arbeitenden Ferdinand Porsche zu schaffen macht.

An dem Zerwürfnis der beiden lassen sich die Unterschiede der Charaktere erkennen. Castiglioni ist auf Gewinnmaximierung aus. Ihm sind die dauernden Extraentwicklungen und Nachbesserungen und Porsches hohes Renn-Budget ein Dorn im Auge. Als der dann auch noch Kleinwagen für ein zukunftsträchtiges Produkt des ausschließlich große Autos mit viel Gewinn produzierenden Werks favorisiert, kommt es zum Zerwürfnis. Porsche wechselt 1923 zu Daimler nach Stuttgart.

Daran mag man erkennen, wie mächtig Castiglioni zu der Zeit ist. Doch zurück zu der Zeit nach 1913. Es gibt neben dem Kaufmann Castiglioni noch so etwas wie den Techniker, zumindest den Technik- Liebhaber. Wird das vielleicht bei seiner Beschäftigung mit dem Automobil noch nicht so ganz deutlich, so doch auf jeden Fall bei ihm als Flugpionier. Schon sehr früh kreist er über Wien, um die Admiralität von der Notwendigkeit zu überzeugen, Flugzeuge als Waffe einzusetzen.

Damit haben wir fast alle Elemente zur Rettung der Rapp'schen Motorenfabrikation zusammen. Wenn Sie jetzt noch die seit jeher gute Beziehung Castiglionis zur militärischen Beschaffung Österreich-Ungarns hinzunehmen und die schon früh erkennbare Kriegsdrohung, können Sie sich die Auflösung dieses Puzzles mit einer maroden Firma leicht vorstellen.

Klar, man übernimmt die Firma und holt Aufträge herein, für die man dann Provisionen erhält, die ein Vielfaches des Unternehmensanteils ausmachen. Irgendwann fällt auf, dass die Firma viel zu schlechte und außerdem zu wenige Motoren liefert, dann ändern Castiglioni und sein Partner Wiedmann die Strategie. Da auch Austro-Daimler Flugmotoren herstellt, werden die Rapp-Motorenwrke ab jetzt zu der Lizenzbau gezwungen.







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