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 Motorrad




Im Kapitel 'Nachlauf und Spreizung' wurde das Zweirad schon erwähnt. Die bereits definierten Größen Nachlauf und Spreizung ergeben, je größer desto mehr stabilen Geradeauslauf. Theoretisch würde das bei höheren Geschwindigkeiten noch besser werden, aber auch die Gegner der Stabilität nehmen zu, z.B. der Windeinfluss und die Kräfte durch Unebenheiten in der Fahrbahn.

Natürlich schließen sich Stabilität beim Geradeauslauf und williges Kurvenverhalten aus. Sie ahnen schon, dass diese beiden Kernwerte eines Motorrades dem Einsatzzweck angepasst werden müssen. Deren Veränderung z.B. bei der theoretischen Umkonstruktion einer Reisemaschine in eine fürs Gelände kann man sich allerdings einfacher vorstellen als eine Absenkung des Schwerpunkts.

Dessen Abstand zum Boden könnte mit Vergrößerung des Federwegs sogar noch zunehmen. Apropos Federwege, die erschweren natürlich auch eine genaue Messung der beiden Werte. Man muss also den Beladungszustand ziemlich exakt festlegen. Bei dem geringen Leergewicht eines Motorrads besonders im Verhältnis zur Nutzlast hat dieser natürlich wesentlich mehr Einfluss auf die Fahrdynamik als z.B. bei einem Pkw.

Wenden wir uns der Lenkung zu, doch zunächst auf eine ungewohnte Weise. Wenn wir die oben erwähnten Einflüsse wie z.B. Seitenwind betrachten, müssen wir diese ins Verhältnis zu den Kräften am Kreisel setzen. Solche wirken hauptsächlich die Räder, mit je mehr Masse weit weg von der Drehachse desto stärker.

Bisweilen kann auch ein quer angeordneter Kurbeltrieb hinzukommen, den wir aber hier außen vorlassen. Ein Kreisel, z.B. das Vorderrad, hat ein beachtliches Beharrungsvermögen. Hält man als ein drehendes Rad links und rechts an der Achse fest und versucht, die Achse links nach vorn oder rechts nach hinten zu bewegen, bemerkt man plötzlich eine unerwartete Kippbewegung des gesamten drehenden Rades nach rechts.

Auf die Praxis übertragen heißt das, das Lenken eines Zweirades in Fahrt ist automatisch mit einer Kippbewegung in die anvisierte Richtung verbunden. Erstaunlicherweise gilt das auch umgekehrt. Wird ein Zweirad z.B. durch eine seitliche Windbö getroffen, kippt es leicht nach rechts, würde aber ohne Zutun des/der Fahrers/in eine Lenkbewegung ebenfalls nach rechts ausführen und dadurch ein Umkippen verhindern.

Die Kreiselkräfte wirken stabilisierend. Es kann zwar zu leichten Überreaktionen kommen, die nach außen hin als Schlenker wahrgenommen werden, aber diese werden schnell geringer und die Geradeausfahrt ist gesichert. Wenn als Fahrer bei der Motorrad-GP beim oder nach dem Überfahren der Ziellinie ihre Arme hochreißen, dann wird die Maschine nicht nur durch die Lenkgeometrie, sondern auch durch Kreiselkräfte stabilisiert.

Übrigens, beim Fahrrad sind solche Kreiselkräfte in der Regel nicht möglich, weil es schlicht zu langsam ist. Hier muss die Lenkgeometrie wie schon beschrieben für Geradeauslauf sorgen. Liegt hier ein Fehler durch ein gewaltsam nach hinten verschobenes Vorderrad vor, ist ein solches Fahrrad auch nicht zu dirigieren. Im Zirkus benutzen Artisten/innen solche Räder.

Bis jetzt haben wir in die Lenkung noch nicht aktiv eingegriffen. Tun wir das jetzt, so ergibt sich beim Zweirad ein eigenartiges Phänomen. Haben Sie gewusst, dass man ein Zweirad eigentlich nur in eine Kurve bringen kann, indem man den Lenker zunächst gegen die Richtung der anvisierten Kurve bewegt, also z.B. bei einer Rechtskurve zunächst kurz nach links?

Denn ein Zweirad bewegt man nie völlig aufrecht um die Kurve, wie das bei einem mehrspurigen Fahrzeug möglich ist. Es gehört eine gewisse Neigung dazu und die erreicht man eben durch den kurzen Lenkeinschlag in Gegenrichtung. Wie überhaupt beim Fahren nicht nur mit Zweirädern geschehen viele Aktionen unbewusst, aber man kann ja mal darauf achten.

Insgesamt ist ein Zweirad vom Prinzip her wesentlich instabiler als ein Vierrad. Damit ist jetzt nicht die Möglichkeit des Umkippens gemeint, sondern eher gewisse mögliche Instabilitäten in der so wichtigen Verbindung zwischen Vorder- und Hinterrad. Ungewöhnliches Beispiel: eine Baumaschine mit zwei starren Achsen, nur lenkbar durch Drehpunkt in der Mitte. Die Lenkachse liegt wie bei der Baumaschine beim Zweirad im Wesentlichen hinter und nicht neben dem Vorderrad wie beim Vierrad.

Natürlich ist der Drehpunkt immer noch relativ weit nach vorn verlagert, trennt aber doch die deutlich größere hinten von der immerhin nicht unwesentlichen Masse der gesamten Vorderradaufhängung. Der Rahmen nimmt von möglichen Doppelschleifen ganz unten bis zu Unterzügen unter der Sitzbank einen relativ großen Raum ein, um dann in den relativ kleinen Bereich des Lenkkopfs zu münden.

Es leuchtet ein, dass hier eine Art Schwachstelle vorliegt, verfügbar für Einflüsse wie Flattern bei relativ niedrigen, Pendeln bei höheren Geschwindigkeiten und Lenkerschlagen in Kurvenlagen. Es gibt Bemühungen, diesen Problemteil in den Griff zu bekommen z.B. durch steiferen Rahmen oder Lenkungsdämpfer.







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