Boxermotor 1
Warum hat ein Boxermotor für mich schon immer mehr Charme entwickelt als ein Reihenmotor. Na klar, wenn man den ersten Zusammenbau eines Verbrennungsmotors bei VW beobachtet hat.
Zwei super saubere Gehäusehälften für Kurbel- und Nockenwelle, damit beginnt, was der Reihenmotor nicht bieten kann. Schon damals aus Aluminium mit Magnesium legiert. Aber die beiden mussten auch
dicht zusammengefügt werden.
So etwas kennt ein Reihenmotor gar nicht. Da kommt später eine Ölwanne drunter und fertig. Natürlich mit einer Dichtung. Aber wer käme schon auf die Idee, zwischen zwei Gehäusehälften, die auf hundertstel
Millimeter genau die Lagerschalen der Kurbelwelle tragen, eine Dichtung zu quetschen?
Und dann ragen sie aus dem Gehäuse heraus, die Pleuel, werden der Reihe nach angehoben und müssen in einer charakteristischen Art und Weise fallen, nicht zu schnell und nicht zu langsam. Dass die Kurbelwelle
noch dreht, erhält seltsamerweise sogar etwas weniger Aufmerksamkeit.
Erst dann kommen die Zylinder dran, evtl. schon mit vormontierten, d.h. mit den Kolbenringen eingeschobenen Kolben. Nur die Kolbenbolzen stehen seitlich vor, müssen mit den herausragenden kleinen
Pleuelaugen verbunden werden.
Ein Reihenmotor ist nach Montage der Kolben schon fast betriebsbereit. Beim Boxermotor, zumindest beim VW-Käfer, ist die wackelige Angelegenheit erst beendet, wenn die Zylinderköpfe montiert sind. Wobei
deren Vorbereitung ähnlich verläuft wie beim Reihenmotor.
Das Ergebnis ist bei beiden Motoren höchst unterschiedlich. Die Form des Rumpfmotors wirkt beim Boxer organischer. Vermutlich ist er durch die Verschränkung der einzelnen Kurbeltriebe auch etwas
kompakter. Von der Lage des Schwerpunktes her kann der andere nur in liegender Ausführung konkurrieren.
Aber der einzige, übrigens von Porsche konstruierte, den es in nennenswerter Stückzahl beim Pkw hätte geben können, ist von VW als Nachfolger für den Käfer letztlich abgelehnt worden. Richtig so, warum soll
sich ein solcher Motor schließlich unter der Rücksitzbank befinden?
Sicherlich gehört ein Motor in einem ganz normalen Pkw mit großer Heckklappe nach vorn. Das hat man dann bei VW auch eingesehen. Aber aus Kostengründen und weil es einen geeigneten Kandidaten
schon gab, sich für einen Reihenmotor entschieden.
Jetzt bitte ich Sie, stellen Sie sich einen querliegenden Reihenmotor vorn und einen immer auf die Kurbelwelle bezogenen, längsliegenden Boxermotor vor, welche Konstruktion würden Sie bei einem Blick von
oben ästhetischer finden?
Und schwenkt die Kamera dann zur Seite, wie knapp über dem Motor kann die Fronthaube beginnen? Wobei der kleinere VW-Reihenmotor auch noch nach vorne geneigt war. Natürlich, die Benzineinspritzung hatte sich
noch nicht durchgesetzt, sonst hätten noch nicht einmal dicke Vergaser links und rechts gestört.
Denn die Ausrüstung mit nur einem Vergaser ist der Knackpunkt des Boxer- gegenüber dem Reihenmotor. Da braucht es schon einen auf jeder Seite und die neigen dazu, gegen- statt miteinander zu arbeiten.
Schade, dass die flächendeckende Mehrpunkteinspritzung für den Boxer zu spät kam.
|