Aufladung
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Sie sehen zwei Ferrari F1-Sportwagen der Serie 312 aus den Jahren 1970 - 74. Der modernere von beiden ist der obere. Aber woran kann man das erkennen und was haben die beiden in der Eröffnung eines
Kapitels über Aufladung zu suchen?
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Der untere natürlich gar nichts, aber der obere zeigt die Einführung eines neuen Bauteils in der Formel 1, 'Airbox' genannt. Denn glauben Sie, dass man es sich bei derart von der Aerodynamik her ausgetüftelten
Fahrzeugen erlauben kann, einfach einen solch großen Luftwiderstand über dem Fahrer zu installieren, wenn das nicht irgendeinen anderen Rieseneffekt hat.
Und den hat es, sonst wäre es längst verschwunden und es soll uns als spektakuläres Beispiel für eine 'Dynamische Aufladung' gelten, hier durch den 'RAM-Air'-Effekt. Nein, einen Kompressor oder Turbolader
suchen Sie in diesen Fahrzeugen vergebens, aber seien Sie versichert, je schneller der Wagen fährt, desto mehr Luft wird in seine Zylinder gepresst, erheblich mehr, als er selbst je ansaugen kann.
Ähnliche Konstruktionen haben den Weg zu schnellen Motorrädern auch in der Serie gefunden, aber heute sieht man in fast jedem neuen Verbrenner-Auto so eine Öffnung im Kühlergrill, durch die der Luftfilter
gefüllt wird. Man hat schon früh die Vorteile innermotorischer Aerodynamik erkannt. Mehr über die so wichtige dynamische Aufladung erfahren Sie im Kapitel 'Luft'.
Wir machen jetzt weiter mit dem ersten Kandidaten für eine Art Luftpumpe zum Verbrennungsmotor und zwar mit dem Kompressor. Vom Prinzip her wird der durch eine mechanische Verbindung zum Motor,
kann aber inzwischen auch elektrisch angetrieben sein. Eine Art Direktantrieb durch die Abgase ist der Druckwellen- oder Comprex-Lader. Man darf ihn einfach nicht vergessen, obwohl er im Kfz-Bereich nur
einen relativ kurzen Auftritt hatte.
Zentrales Element dieses Systems ist eine Art Trommel mit relativ kleinen, von vorn nach hinten durchgehenden Räumen, in die abwechselnd von unten rechts Frischluft hineinströmt, diese dann nach einer
Vierteldrehung im Uhrzeigersinn von oben links mit Abgasen direkt aus dem Motor unter Druck gesetzt wird und nach einer weiteren Vierteldrehung nach unten links in den Motor gepresst wird.
Nach Angaben der damaligen Hersteller vermischen sich Alt- und Frischgase dabei nicht, obwohl es zwischen beiden nichts Trennendes gibt. Dass dies nicht passiert, ergibt sich aus der Dimensionierung der
umlaufenden Räume. Die Drehung erfolgt mit höherer Drehzahl von der Kurbelwelle aus, wobei kaum Leistung übertragen wird, in manchen Betriebsbereichen sogar welche zurückkommt.
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Das ist bei verbreiteten Kompressoren deutlich anders und zugleich deren größter Nachteil. Hier sind wieder fast alle Arten von Luftpumpen möglich. Wir greifen uns das Rootsgebläse heraus, aus zwei
ineinandergreifenden Wellen mit je zwei oder drei Flügeln bestehend. Die Flügel verliefen früher gerade über die Welle, winden sich allerdings jetzt um sie herum, als eine Art Weiterentwicklung zum
Schraubenverdichter.
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Wie bei einer Zahnradpumpe wird das zu fördernde Element außen herum an der Wandung entlang geführt und der Rückweg durch Ineinandergreifen versperrt. Die beiden Wellen kommen zwar einander und der
Wandung sehr nahe, berühren sich aber nicht. Erreicht wird das durch eine formschlüssige Kraftübertragung außen per Zahnradtrieb.
1 | Luftfilter |
2 | Rootsgebläse (Kompressor) |
3 | möglicher Bypass |
4 | Ladeluftkühler |
5 | Drosselklappe |
6 | Sammelrohr |
7 | Mechanischer Antrieb |
Während die Stellung solcher Pumpen recht gefestigt zu sein scheint, ist der sogenannte G- oder Spiral-Lader nach einer kurzen und heftigen Präsens bei VW schon wieder verschwunden. Hier
greifen zwei Scheiben mit je einem spiralförmig verlaufenden Gang von innen nach außen mit ihren offenen Seiten ineinander.
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Während also eine Scheibe stillsteht bzw. ins Gehäuse integriert ist, vollführt die andere, vom Verbrennungsmotor angetrieben, nicht drehende, sondern leicht aus ihrem Zentrum herausführende Bewegungen. Dank
zusätzlicher Abdichtung ergeben sich Kanäle, die durch diese kreiselnde Bewegung von außen nach innen nach und nach kontinuierlich verengt werden und damit angesaugte Luft von außen zum Zentrum und Ausgang hin
treiben.
Genau die Abdichtungen haben dann auch das unglückliche Schicksal des G-Laders besiegelt, weil sie durch sehr dünne Metallschichten geführt wurden, die sich als in Kundenhand nicht ausreichend stabil
erwiesen. Kommen wir zum Turbo und damit zu dessem größten Nachteil, dem zu langsamen Ansprechverhalten ('Turboloch'), dass bei keinem der bisher besprochenen Systeme eine Rolle spielt.
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Der Grund liegt seinem größten Vorteil zugrunde, nämlich von den Abgasen des Verbrennungsmotors angetrieben zu sein. Bei größeren Motoren gab es die Probleme nicht, weil die ihre Last nur langsam
ändern. Dagegen klagte der Rennsport schon sehr früh, weil man die Strecke schon sehr genau kennen und vor der Kurve Gas geben musste, damit man in der Kurve etwas davon hatte. Wehe, man hatte sich da verschätzt.
Materialwahl |
Turbinengehäuse | Silizium-Legierung, Gusswerkstoffe, geringe Oberfläche, evtl. Wasserkühlung |
Turbinenrad | Gusseisen (Kugelgraphit), Stahlguss, Nickel-, Titanlegierung, Keramik |
Verdichtergehäuse | Alu-Legierung |
Verdichterrad | Titan-/Alu-Legierung |
Dagegen spielt die Hitze inzwischen offenbar weniger eine Rolle. Auch die Regelung des Ladedrucks hat sich geändert. War das früher immer ein sogenanntes 'Wastegate', also eine Klappe zur Umgehung des
Turbinenrades und damit Verbindung direkt zum Abgasstrang, gibt es inzwischen feine, mit festen Drehpunkten versehene, verstellbare Flügel, die den Druck aus dem Auslass unterschiedlich wirksam auf die Flügel der
Turbine wirken lassen können.
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Das ist dann der Lader mit Variabler Turbinen-Geometrie, zuerst im Dieselmotor, jetzt aber auch schon im Benzinmotor eingesetzt. Überhaupt hat der Turbolader seinen Siegeszug im
Dieselmotor begonnen, wo er durch die Regelung des Ladedrucks schon sehr früh für ein höheres Drehmoment mit spritsparendem, tieftourigen Fahren sorgte. Im Benziner hat eher der Kompressor seine Karriere
begonnen.
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Nein, ganz umsonst ist die Energie für den Turbolader nicht, denn natürlich ist der Rückstau zu den Auslässen höher. D.h. der Motor hat mehr Mühe, seinen Ladungswechsel zu vollziehen. Aber natürlich ist er
im Wirkungsgrad gegenüber dem Kompressor ein gewaltiger Fortschritt, sonst hätte es ihn ja auch nicht schon so lange bei den Großmotoren gegeben. Nur im Motorrad hat er sich nicht etablieren können.
Sogar das Drehzahlband ist, je nach Anforderung sportlich oder sparsam, gegenüber den Anfängen größer geworden. Natürlich ist ein Saugmotor immer noch in der Lage, erheblich höher zu drehen und
seine/n Besitzer/in in Verzückung zu versetzen. Spritsparender mit dem heutigen Verkehr besser zu vereinbaren ist allerdings das frühe Schalten mit Turbolader.
Bleibt das Problem des Turbolochs. Ein wenig hilft hier der VTG-Lader. Die wohl bekannteste Lösung stellt wohl die Register-Aufladung dar. Hier wird im Prinzip eine Aufladung mit weniger Verzögerungen, also ein
Kompressor oder ein kleiner Turbolader mit einer mit mehr Verzögerung kombiniert, der Abgasstrom z.B. je nach Drehzahl hauptsächlich durch eine der beiden geleitet.
Das wird natürlich ein Trumm von Bauteilen, besonders wenn man auch noch in drei Bereiche teilt, von den Kosten gar nicht zu reden. Eine weitere, vermutlich wesentlich aufwendigere Methode scheint die zu
sein, elektrische Antriebe hinzuzunehmen. Nein, nicht zum Starten des Motors, sondern direkt auf die Welle zwischen Turbinen- und Verdichterrad. Aus mindestens 48V gespeist, könnte der recht schnell dafür
sorgen, dass der Ladedruck wieder ansteigt.
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