Anhänger 2

Bei einem Model 3 von Tesla kann man zurzeit nur die Anhängerkupplung mitbestellen. Nachträglich anbau- oder integrierbar ist sie offensichtlich nicht. Überhaupt fällt auf, dass die reinen Elektroautos beim
Thema Anhänger schwächeln. Nur als SUV kommen Sie für nennenswerten Anhängerbetrieb infrage, als absoluter Spitzenreiter das Model X von Tesla mit 2.250 kg.
Warum ist das so? Eigentlich müsste doch ein reines E-Auto mit seinem hohen Gewicht und viel Drehmoment aus dem Drehzahlkeller für so eine Aufgabe prädestiniert sein. Genau können wir an dieser Stelle
die Frage nicht beantworten, vermuten aber ein Problem im erweiterten Bereich der Bremsen.
Etwas weiter ausholend war die Anbringung einer Anhängerkupplung früher überhaupt kein Thema für die Fahrzeugbremse. Schließlich war und ist ein ungebremster Hänger auf 750 kg begrenzt und das schien
obige locker an Reserve aufbringen zu können. Wenn nicht, wie z.B. bei Kleinwagen, dann waren die Eintragungen in den Fahrzeugpapieren entsprechend angepasst.
Man musste also nur vernünftig schrauben und evtl. noch bohren und die mechanische Stabilität war gewährleistet. Hinzu kam eine Steckdose, die für die Übertragung sämtlicher Lichtsignale nach hinten sorgte.
Das Highlight war dann noch die Abschaltung der Nebelschlussleuchte durch einen Schalter in der Steckverbindung.
Das hat sich grundlegend geändert. Mit dem Aufkommen von Bussystemen wurden die hinteren Leuchten nicht mehr direkt angesteuert, sondern durch ein Steuergerät, dass die Befehle von vorn umsetzt.
Gleichzeitig ist eine sehr kurze Prüfung und eine Warnung bei Defekten schon vor Fahrtantritt möglich. Man konnte also nicht mehr einfach so eine zusätzliche Licht- oder Bremseinheit aufschalten.
Nun gut, könnte man denken, mit einem zusätzlichen kleinen Steuergerät oder entsprechendem Können des vorhandenen wird dem Rechnung getragen und fertig, oder? Das hat sich z.B. mit dem Aufkommen
der Assistenzsysteme grundlegend geändert. Verschiedene Steuergeräte im Fahrzeug müssen wissen, dass Anhängerbetrieb möglich und einer gerade mitgeschleppt wird. Ersteres schied durch Anlernen des
Systems nach Montage der Anhängerkupplung.
Warum? Als einfachstes Beispiel würde die Rückfahrkamera dauernd melden, man befinde sich kurz vor einer Mauer oder es führe jemand viel zu dicht auf. Übrigens nicht auszudenken der Aufwand, wenn eines
Tages die Aufgabe dieser Kamera eine am Anhänger übernimmt, z.B. bei manchen Systemen im Autonomen Fahren unabdingbar.
Ob das auch bei Systemen nötig sein wird, die vor einem Heckaufprall warnen und entsprechende Sicherheitsmaßnahmen starten, ist fraglich. Jedenfalls ist bis dato die Sicht nach hinten dauerhaft gestört,
höchstens noch beim Ankuppeln ein Blick auf Deichsel und Anhängerkupplung sinnvoll. Auch hinten seitlich kann die Sensorik abgeschaltet werden, weil bei Rückwärtsfahrt eine Warnung vor Querverkehr zu
spät käme.
Noch einmal zurück auf Anfang. Eine (neue) Anhängerkupplung muss also in der Regel dem System im Fahrzeug mitgeteilt werden. Ob gerade angekuppelt wird, kann das System durch Abfragen an der
Steckdose erfahren. Eine separate Verbindung wie beispielsweise bei der Druckluftbremse gibt es bei der Hydraulik in aller Regel bei auflaufgebremsten Hängern nicht. Der/die Fahrer/in merkt davon natürlich
nichts, höchstens, wenn zusätzlich zum Neukauf eine Schlingersteuerung für den Anhängerbetrieb mitbestellt wurde.
Wer schon jemals im Anhängerbetrieb in ein hoffentlich nur leichtes Schlingern geraten ist, wird wissen, dass hier andere Maßnahmen ergriffen werden müssen, als sie beim Übersteuern des Solofahrzeugs nötig
sind. Vom Lkw kennen wir, dass man sicherstellen muss, dass ein Lastzug auch dann von der Feststellbremse gehalten werden muss, wenn alle Druckluft entwichen ist. Das kann heutzutage bei der
hydraulischen der Part der elektronischen Parkbremse sein.
Autonomes Fahren würde durch einen Hänger auch nicht einfacher werden. Schon die eventuelle Warnung beim Verlassen der Spur funktioniert vielleicht nicht mehr, weil die Sensoren u.U. nicht am Anhänger
vorbei nach hinten schauen können. Alles, was in Richtung auf Selbstfahren geht, muss zumindest angepasst werden. Denken Sie nur an den Tempomaten mit Abstandskontrolle, der jetzt einen größeren
möglichen Bremsweg einkalkulieren muss.
Natürlich muss auch die gesamte Navigation vom Anhänger wissen, eigentlich sogar, wie breit, hoch und schwer er ist. Damit wären wir wieder beim Elektroauto, dessen Reichweite natürlich zusammenschmilzt,
was bei der Planung mit Ladesäulen berücksichtigt werden muss. Vermutlich möchte diese auch gerne wissen, ob für das Gespann 80 oder 100 km/h erlaubt sind, oder sie holt sich diese Information aus der
bisherigen Erfahrung mit Gespannfahren.
Sie merken schon, man kann das Thema der nötigen Vernetzung beim Fahren mit Anhänger noch fast beliebig weit treiben, z.B. die Hervorhebung gewisser Verkehrszeichen, die für dieses Fahrzeug besonders
interessant sind. Nicht erwähnt haben wir jetzt den Antrieb, der beim Verbrenner vermutlich noch mehr Änderung im Management wie Motortemperatur und Gangwahl erfordert. Das E-Auto wäre dann vielleicht
etwas weniger betroffen, aber wegen der oben genannten Gründen erspart man sich vermutlich zur Zeit die Anpassung schwererer Anhänger.

kfz-tech.de/PHB5
|