Prosper L'Orange 1
Falls Sie noch nicht von ihm gehört haben, wollen wir Ihnen in diesem Kapitel Prosper L'Orange vorstellen. Er wird 1876 in Beirut geboren, das damals
noch zum Osmanischen Reich
gehört. 1890 wandert er mit seinen Eltern nach Deutschland aus, wo er später an der Technischen Hochschule in Berlin mit großem Erfolg studiert.
Er bleibt zunächst noch als Assistent an der Hochschule, wechselt erst 1906 zur Gasmotorenfabrik Deutz. Dort widmet er sich als Versuchsleiter der
Entwicklung eines kleinen
Dieselmotors. Es gibt den bisher nur als großen Stationärmotor und seit 1903 das erste Mal auf einem Schiff. Vom Ziel, ihm ein Leistungsgewicht
anzuerziehen, das ihn auch tauglich für Fahrzeuge
macht, ist man noch weit entfernt.
Die Tatsache, dass er erst 1913 zum ersten Mal eine Lokomotive antreibt, zeigt, er ist für die geforderte Leistung zu schwer. Das liegt an der Lufteinblasung,
die zu Rudolf Diesels
Zeiten die wohl einzige Möglichkeit darstellt, den Dieselkraftstoff in den Brennraum zu bringen. Man bezeichnet ihn deshalb bisweilen auch als
Kompressormotor, was aber keinesfalls mit
der heutigen Funktion des Kompressors vergleichbar ist.
Ziel ist es also, ohne den Kompressor mit seinen Luftleitungen auszukommen, also eine Pumpe, die den Kraftstoff direkt in den Brennraum befördert. Sie
hat es insofern
leicht, da dem Dieselkraftstoff deutlich mehr schmierende Wirkung eigen ist. Nicht leicht ist allerdings der Druck zu erreichen, mit dem es gegen die
erhöhte Verdichtung anzukommen gilt.
Erstaunlicherweise wird aber über diese Erfindung in der Literatur außer bei Bosch kaum gesprochen.
L'Orange wird dort eher als Vater des Vorkammermotors gefeiert. Sein erstes Patent dazu datiert aus dem Jahr 1909. Wir entnehmen den Text dem Buch
'Geschichte des deutschen
Verbrennungsmotorenbau von 1860 bis 1918' von Friedrich Sass, der, nur 7 Jahre jünger, wohl als Zeitzeuge gelten kann.
'Verbrennungskraftmaschine für flüssige Brennstoffe, bei welcher der Brennstoff sofort beim Eintritt in die Maschine, verbrennt, dadurch gekennzeichnet,
dass der flüssige Brennstoff
durch eine heiße Kammer gespritzt wird, wobei er teilweise vollkommen verbrennt, teilweise sich zersetzt und teilweise verdampft und durch diese
Umsetzungen auf dem Wege durch
die Kammer den Druck in derselben über den Druck im Arbeitsraume des Zylinders erhöht, wodurch mit dem Brennstoff zugleich während der ganzen
Durchtrittsdauer Gase und
Dämpfe in den Zylinder strömen und dabei den Brennstoff zerstäuben.
Allerdings gibt es, wie bei Rudolf Diesels Patentschrift, so eine Kammer bzw. den entsprechenden Motor noch gar nicht. Anders als bei diesem sollen
jedoch schon die ersten Versuche recht erfolgreich
verlaufen sein. Es muss also um die Zeit schon eine von der Einspritzmenge her regelbare Einspritzpumpe vorhanden gewesen sein. Man findet eine
Angabe von 50 bar. Das hört sich
auf den ersten Blick nicht viel an, zeigt wohl auch hier noch immer vorhandene Schwierigkeiten, eine solche Pumpe zu bauen.
Aber, der Motor läuft, leider nicht sehr lange. Daran ist aber offensichtlich nicht die Einspritzpumpe schuld, sondern Verkokungen des Dieselkraftstoffes, die
den Ausgang der Düse
zuwachsen lassen. Das ist übrigens kein Problem unbedingt aus der Zeit der Vorkammer-Entwicklung. Rein physikalisch betrachtet darf der Brennstoff
nicht zu kalt sein, weil er dann
kondensiert, also vom schon begonnenen Eintritt in den gasförmigen wieder in den flüssigen Zustand zurückkehrt, aber auch nicht zu heiß, weil er dann
eben verkokt.
Um es kurz zu machen, L'Orange hat die Probleme nicht in den Griff bekommen und die Firma hat das Patent ab 1915 nicht weiterverfolgt. Dadurch wird es
während des Ersten
Weltkrieges frei und es beginnt die Arbeit des Ingenieurs H. Leissner von einer Maschinenfabrik im schwedischen Södertaltje. Sie erinnern sich, da kommt
auch der erste Lkw von
Scania-Vabis her, 1911 noch mit Vierzylinder-Benzinmotor ausgestattet.
Jedenfalls gelingt es dem schwedischen Ingenieur, in langwierigen Versuchen die Temperatur der Vorkammer gerade so zu gestalten, dass weder
Kondensation noch Verkokung
auftritt. Professor Sass schreibt in seinem Buch, dass er sich persönlich 'auf dem Prüffeld der Herstellerfirma hat überzeugen können'. Davon bekommt
wiederum nach dem Ende des
Krieges L'Orange Wind, der daraufhin den unten gezeigten Zylinderkopf konstruiert und sich patentrechtlich schützen lässt. Eventuell anschließende
Querelen klammern wir hier aus.
Wenn auch noch nicht einteilig und verschraubt, sieht die Vorkammer immerhin schon in etwa so aus, wie sie über Jahrzehnte hinweg in Serie gefertigt
wird (Bild unten), erst in den 60ern beim
Lkw und dann in den 90ern beim Pkw wegen Einführung der Direkteinspritzer ersetzt wird. Das entscheidende Teil trägt den Buchstaben c. In diesen
Einsatz hinein spritzt die Düse mit
einigermaßen exaktem Winkel, die restliche gekühlte Wand der Vorkammer meidend.
Besonders jedem Motortyp zugemessen wird der sogenannte Kragen, der Teil des Zündeinsatzes c, der mit der Vorkammerwand unmittelbar Kontakt hat
und dabei seine Wärme
abgeben kann. So lässt sich die Arbeitstemperatur in der Vorkammer exakt dosieren. Damit sie auch beim Kaltstart des Motors erreicht wird, gibt es schon
damals die Glühkerze f, die an
die Fahrzeugbatterie den Innenraum durch (bisweilen recht langes) Vorglühen beheizt.
So sah die Vorkammer dann später
aus . . . |
kfz-tech.de/PGe32
Deutsche Untertitel möglich . . . |
kfz-tech.de/YGe8
kfz-tech.de/YGe9
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