 Fiat - Ferrari

Sie werden über die Beziehung der beiden Firmen schon einiges gehört haben. Aber wir sind allerdings in der Vorkriegszeit unterwegs und da sind die Informationen spärlich. Jedoch liegt hier zumindest eine wichtige
Grundlage für die spätere Entwicklung.
Es beginnt mit dem Ende des Ersten Weltkrieges. 1916 ist der Vater von Enzo Ferrari an Lungenentzündung gestorben und es ist ihm nicht gelungen, den kleinen väterlichen Betrieb einigermaßen erfolgreich
weiterzuführen.
Gelegenheitsarbeiten halten ihn über Wasser, während er seiner Einberufung entgegensieht. Und dann stirbt auch noch sein älterer Bruder Dino an einer Krankheit, die er sich 'während seines militärischen
Einsatzes zugezogen habe'.
Als Enzo selbst dann zum Militär muss, ist er 19 Jahre alt. Er kommt in eine jener Bergregionen, in denen Italien unglaublich verlustreich gegen Österreich-Ungarn kämpft. Überraschend werden seine bis dahin
erworbenen technischen Kenntnisse nicht genutzt.
Er muss helfen, Maultiere zu beschlagen. Und auch er wird krank, vermutlich Brustfellentzündung. Nach längerem Aufenthalt im Krankenhaus wird Enzo schließlich aus der Armee entlassen. Brock Yale
schreibt in seinem Buch über Ferrari, dass der 'physisch und geistig' gebrochen war.
Irgendwie liegt aber in der Zeit, die jetzt folgt, das Geheimnis, dass sich Enzo beginnt, für Autos zu interessieren. Zwar war sein Vater als mittelständischer Unternehmer so etwas wie ein Autonarr und hat bei
seinen beiden Söhnen das Interesse an Autos sicher beflügelt.
Aber auf die Idee, eigene Wagen und nur mit V12-Motoren zu bauen, ist Ferrari nach seiner eigenen, sich bisweilen etwas von der Realität entfernenden Biographie, erst in dieser Zeit gekommen. Das wären
dann schon einmal die Grundlagen für seinen dann folgenden Schritt.
In Italien sieht es dagegen alles andere als rosig aus. Warum Enzo zunächst Turin und nicht Mailand mit seinem späteren Tätigkeitsfeld Alfa wählt, liegt ganz einfach an der Tatsache, dass es Turin sehr viel
besser geht. Es gibt eben Kriegsgewinnler und -verlierer und Turin gehört gewiss zu ersteren.
Vielleicht auch ein Grund, warum die Bewegung Mussolinis in Modena ihre Anfänge hat. Über die völlig chaotischen Verhältnisse in Italien nach dem Waffenstillstand finden Sie an anderer Stelle dieses Buches
mehr. Da steht fest, die Firma Fiat gehört auf die Seite der Nutznießer des Krieges.
Was also lag näher, als sich 1918/19 bei Fiat bewerben zu wollen? Aber, Fiat ist ein Industriegigant und durch die enorme Reputation kann man sich die künftigen Mitarbeiter aussuchen. Davon sind aber nach der
enorm aufgeblähten Kriegsproduktion weniger nötig. Man sucht händeringend nach Absatzmärkten.
Im Kapitel 'Technik des 501' finden Sie den Bericht über ein Fahrzeug, mit dem man das bewältigen will. Enzo Ferrari hat nach Wikipedia in der dritten Klasse die Hauptschule verlassen und
anschließend in der Schmiede seines Vaters gearbeitet. Ob das für Fiat nützlich sein könnte?
Natürlich nicht. Und dann will Enzo auch noch in die Rennsportabteilung. Die wird inzwischen von Vittorio Jano, der ein nicht sehr großes Team von ausschließlich Hochschulabsolventen leitet. Zu allem
Ungemach für Enzo kommt natürlich noch seine gerade überstande Krankheit. Aber er hat eine Empfehlung vom Oberst seines Regiments dabei.
Enzo wird gar nicht wegen mangelnder Qualifikationen abgewiesen, sondern mit dem Hinweis auf die vielen Soldaten, die jetzt ebenfalls nach Arbeit suchen. Außerdem stelle man nur Leute ein, die auch in Turin
wohnen.
Broke Yates schreibt dazu in seinem Buch:
'In seinen Erinnerungen blickt Ferrari auf diese Stunde der Schmach mit Bitterkeit zurück. Er beschreibt, wie er aus dem Fiat-Verwaltungsgebäude in den düsteren Wintertag hinaustaumelte und mit hängenden
Schultern durch die geschäftigen Straßen ging, bis er bei einer Bank im Valentino-Park am Ufer des Pos stehenblieb. [...] Mein Vater und mein Bruder lebten nicht mehr. Da begann ich vor lauter Einsamkeit
und Verzweiflung zu weinen.
Hier könnte die Geschichte mit Fiat eigentlich enden. Tut sie bekanntlich nicht. Er wird so etwas wie Rache nehmen, aber auch irgendwann zu Kreuze kriechen müssen. Aber sein erster Triumph über Fiat lässt
nicht lange auf sich warten. Bekanntlich kommt ja Ferrari bald in Kontakt mit Alfa Romeo.
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