China 5
Falls es noch eines Beweises für die Andersartigkeit Chinas bedarf, sollte man sich der Pekingoper widmen. 2000 Euro für einen Logenplatz vorausgesetzt, klingt das für westliche Ohren sehr laut und absolut
befremdlich. Die Gesichter werden dem Charakter der handelnden Person entsprechend geschminkt und jede Handbewegung muss sitzen. Bis zu zwei Stunden dauert das Schminken und Anlegen der Masken.
Manches Musikstück besteht aus nur fünf verschiedenen Tönen.
China ist keine Demokratie, aber spannend ist die Frage, was sich Chinesen unter einer wünschenswerten Demokratie vorstellen. Natürlich gibt es den/die Chinesen/in nicht. Man muss zwischen beruflich
erfolgreichen und gut verdienenden Menschen in den Küstenregionen, einfachen, vom Land 'geflohenen' Arbeitern dort und gebliebener Landbevölkerung unterscheiden.
Erstaunlich ist, dass Probleme auf lokaler Ebene trotz Ein-Parteien-Herrschaft durchaus auch öffentlich angesprochen werden können, im Gegensatz zum Demonstrationsverbot in Peking. Lokal ist der Parteisekretär
zuständig oder der Fabrikdirektor. Wenn auch der Erfolg oft ausbleibt, kann sich hier durchaus Wut gegenüber z.B. Korruption und die Forderung nach Veränderung entladen.
Allerdings darf sich dieser Protest nicht gegen das politische System richten. Aber gleichzeitig ist dieses System auch so weit weg vom einfachen Bürger, dass hier weniger der Wunsch nach Demokratie aufkommt.
Man würde sich schon wünschen, lokal Verantwortliche turnusmäßig wählen zu können, aber den zehnjährigen Machtwechsel und damit verbundene, eher kleinere Veränderungen nimmt man wohl eher im
Fernsehen wahr.
0,4 % der Bevölkerung besitzt 70 Prozent des Volksvermögen |
Im gleichen Medium sieht man dann gleichzeitig auch nach Westen, wo sich z.B. in Europa z.T. erhebliche Proteste gegen die jeweilige Regierung erheben und ist davon vielleicht weniger begeistert. Man darf
vermuten, dass solange das Wirtschaftswachstum z.B. die Landflucht kompensiert und auch dort die Einkommen der Landbevölkerung stets ein wenig angepasst werden, die politische Führung sich ihrer Sache
relativ sicher sein kann.
Obwohl die Landbevölkerung davon ausgeht, nicht auch nur angemessen an dem wachsenden Reichtum des Landes beteiligt zu werden, blickt sie trotzdem für das Land China optimistisch in die Zukunft. Interessant
auch die Meinung der jungen Leute, die ob des politischen Drucks keineswegs besonders eingeschüchtert wirken. Sie denken sozialer, aber auch konservativer als ihre Altersgenossen im Westen, sind angepasster
und können so trotz der strengen Zensur im Lande noch erstaunlich offen reden. 09/12
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