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1973 Matra Simca Bagheera



Aufgabe

Der Panther aus dem Dschungelbuch gab ihm 1973 seinen Namen. Und gewöhnungsbedürftig war auch seine Konstruktion und vor allem sein Ruf. Die französische Firma Matra hatte vor ihm 1967 den 530 herausgebracht, ebenfalls ein Versuch mit Mittelmotor, allerdings mit einem längsliegenden Ford-Motor. Jetzt war man eine Verbindung mit Simca eingegangen und durfte/musste sich aus deren Regal bedienen. Sehr interessant ist daran, wie die Ingenieure die schwierige Aufgabe lösten, aus einem Wagen der damaligen Kompaktklasse (Simca 1100) einen Sportwagen zu machen. Leider waren sie so sehr mit der Fertigstellung des Projektes beschäftigt, dass die Haltbarkeit ein wenig auf der Strecke blieb.

Das konnte sein Nachfolger, der Murena, 1981 alles viel besser. Allerdings kam dann 1984 der Übergang zu Renault und später zu Pininfarina.

Funktion

Der Simca 1100 gehörte nach dem Mini und dem Peugeot 204 zu den ersten Fronttrieblern mit Quermotor. Er bot dadurch einen variablen Kofferraum mit großer Heckklappe. Aber was hat dieser mit einem Sportwagen zu tun? Als ersten und damit wichtigsten Teil verschiebe man die komplette Vorderachse mit Antriebseinheit nach hinten. So wird es meist gemacht. Im Falle dieses Matra machte man sich noch die Mühe, zwei komplett neue Längslenker aus Aluminium mit Drehstabfederung zu konstruieren. Wandert der Motor nach hinten, so bleibt vorne die alte Vorderachse und - wie man auch noch an ganz aktuellen Renault- Modellen mit Mittelmotor sehen kann - sogar ein kleiner Teil der Antriebswelle, die das Radlager zusammenhält.

Die Folgen sind erheblich. Vorne ergibt sich evtl. ein schlecht nutzbarer Kofferraum, aber in jedem Fall eine wunderbar aerodynamisch flache Schnauze. Im Falle Matra verzichtete man ganz darauf und begnügte sich mit Kühlsystem, Batterie und Reserverad. Einzig störte noch der vom Simca übernommene Bremskraftverstärker, der durch eine geeignete Mechanik um 90° gedreht, eingebaut werden konnte. Hinten ist leider die Welt zu Ende. Von dem einstmals großen Kofferraum bleibt hinter der Antriebseinheit ein relativ kleines, tiefes und warmes Behältnis übrig. Sogar die hinteren Sitze mussten weichen. Aber wer soll dann noch das Auto kaufen? Da aber ein Sportwagen ohnehin flach (in diesem Fall 1,2 m) und breit sein soll, kam man bei diesem Matra auf die Idee mit den drei Sitzen nebeneinander. Die Idee hat sich bis heute (z.B. bei Fiat und bei Honda) gehalten, macht allerdings bei Mittelmotor-Sportwagen mehr Sinn.

Die Motoren aus dem Simca-Regal waren nicht gerade ein Ausbund an Leistungsentfaltung. Um trotzdem noch einigermaßen sportwagenmäßiges Fahren erwarten zu können, musste der Wagen leicht und aerodynamisch sein, besonders bei der so konzipierten Breite. Für die damalige Zeit waren die Werte respektabel. Er erreichte deutlich über 180 km/h mit 62 kW (84 PS). Dies lag auch an einer großzügigen Verkleidung des Unterbodens. Um das Gewicht zu drücken, verfiel man auf die für kleine Serien realisierbare Fertigung einer Karosserie aus glasfaserverstärktem Kunststoff. Sollte jetzt aber jemand der Meinung sein, dass diese Bauform gänzlich auf Stahlrahmen verzichten kann und somit absolut rostfrei sei, so kann man beim Matra Simca Bagheera getrost das Gegenteil behaupten.

Schön ist anzusehen, wie die Ingenieure die vielen Schwierigkeiten eines solchen Projektes lösten. Verkaufen ließ sich das Auto nur mit einer gewissen Extravaganz. Eine Verkleidung mit Leder wie bei den großen Vorbildern hätte das Budget nicht hergegeben. Für speziell anzufertigende Kunststoffteile im Innenraum war die Serie zu klein. Heraus kam eine Lösung mit stoffüberzogenem Armaturenbrett, die zusammen mit der auffälligen Farbgebung für eine Plüschatmosphäre sorgte, um nicht schlimmere Vergleiche zu bemühen. Darin eingepasst blieben die Bedienelemente des Simca 1100 erhalten. Nur das riesige Simca-Lenkrad und die Tacho/Drehzahlmesser-Einheit wurden ersetzt. So wurde die Verstelleinheit für die Heizung jetzt ummittelbar in den Einzugsbereich des/der Fahrers/in einbezogen, senkrech angeordnet und mit einem feinen Alublech überzogen. Trotz dreier Sitzplätze war rechts neben dem Fahrersitz noch Platz für Ganghebel, Handbremse und Choke.

Obwohl die komplette Antriebseinheit von Simca übernommen wurde, war auch hier nicht alles ohne Probleme. Zunächst ist aber hier der Motor mit 1,3 Liter Hubraum und untenliegender Nockenwelle zu loben. Er war durch eine Zwei-Doppelvergaser-Anlage zu einiger Leistungsbereitschaft mit der für damalige Verhältnisse guten Literleistung von fast 50 kW/L gebracht worden. Und das zusammen mit der windgünstigen und leichten Karosserie zu einem erstaunlichen Kraftstoffverbrauch. Mit dieser Kombination war schnelles Fahren fast ohne Reue möglich. Voraussetzung war allerdings eine Einstellung der Vergaseranlage, die nur von damit erfahrenen Mechanikern vorgenommen werden konnte.

Und wo bereitet eine solche vorhandene Antriebseinheit Probleme? Zunächst muss einmal das gesamte Kühlmittelsystem nach vorne verlängert werden, mit entsprechenden Gewichtszuwächsen. Die Fa. Smart weiß schon, warum sie den Kühler unmittelbar über dem Motor anordnet. Dann kommt der übliche Hickhack mit Gangschaltung und Kupplung, die zum Glück beim Simca hydraulisch betätigt war. Weiterhin war die Antriebseinheit nicht für die zu erreichende Höchstgeschwindigkeit ausgelegt. Hier griffen die Matra-Ingenieure zu dem Trick, hinten mit 185 mm erheblich breitere Reifen als vorne (155 mm) zu montieren. Bei einem Höhen-Breitenverhältnis von 80 entstand ein wesentlich größerer Abrollumfang. So brauchte man die Übersetzungen der ursprünglichen Antriebseinheit nicht zu ändern und erzielte zusätzlich bei dem immer noch leicht hecklastigen Fahrzeug ein neutraleres Fahrverhalten. Ein wenig auf Kosten des Verbrauchers, denn Ersatz für Reifen dieser Dimension war schwierig und kostenträchtig, zumal sie für mehr als 180 km/h zugelassen sein mussten.

Ach ja, die damals sehr sportwagenmäßigen Klappscheinwerfer haben wir noch vergessen. Sie waren von der Bedienung her ziemlich unauffällig. Mit dem Einschalten des Hauptlichts leitete ein elektromagnetisches Ventil Unterdruck zu einem sogenannten Servomotor. Das war ein Metallbehälter mit einer Membrane in der Mitte. Er konnte bei Bedarf eine große Kraft (über 750 N) aufbringen, allemal genug, um über eine Verbindungsstange die beiden Scheinwerfer auszufahren.

Ein ernster Knackpunkt sei zum Schluss erwähnt: die hinteren Bremsen. Für den Simca reichten hinten Trommelbremsen. Der Matra nahm mit der Antriebseinheit die Scheibenbremsen nach hinten. Blieb nur das vergleichsweise lächerliche Problem der Handbremse. So wurde also für hinten eine Rahmensattel-Bremse konstruiert, die auch noch die Handbremse automatisch nachstellen sollte. Wenn die Ingenieure bei Matra gewusst hätten, wie lange später die Komplettierung der Faustsattelbremse zur selbst nachstellenden Handbremse gedauert hat, hätten sie sich vielleicht doch für die Scheibenbremse mit Trommelbremse entschieden. Das sie es nicht taten, musste - wieder einmal - der Verbraucher büßen. Man hatte sofort eine Ahnung von drohendem Unheil, wenn das Fahrzeug an der Ampel im letzten Moment nicht korrekt ausrollte. Ein Hemmnis war spürbar in Form einer wieder einmal festhängenden Bremse. Da halfen auch Ausbau und neuer Dichtsatz nicht viel, ebenso wie das entsprechende Neuteil. Schade, dass neben dem Rost solche vergleichsweise Kleinigkeiten einer pfiffigen Idee den Garaus machen. Und ist der Ruf erst ruiniert, dann helfen auch verbesserte Versionen (Murena) mit mehr Motorleistung und gefälligerem Styling nicht wirklich weiter . . .

Siehe auch

VW-Porsche 914
Fiat X1/9







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